Schutz – Erholung – Erziehung

Orte, mit denen unsere Seele in Resonanz gehen kann, von Harald Hornaus

Was sind für uns eigentlich Terapiegärten? Denken wir da nicht sofort an groß angelegte ästetische Gärten zum Wohlfühlen, Plätze, wo wir die Seele baumeln lassen, uns mit Energie auftanken können, wo wir Fülle und Pracht vorfinden, die uns in Staunen versetzen? Diese Vorstellungen sind sehr verlockend und wir können logisch nachvollziehen, dass die Seele in einer solchen Umgebung einfach gesund werden muss.

Harald Hornaus
Ergotherapeut und Dipl. Kunsttherapeut. Seit zehn Jahren an der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters in Klagenfurt tätig. Diplomarbeit 1998 „Gartenbautherapie nach anthroposophischen Grundsätzen“.
Kontakt: batspirittravelling@aon.at

 

Doch geht unsere Seele wirklich nach logischen, einleuchtenden Maßstäben in Resonanz mit ihrer Umgebung? Sucht sie wirklich immer nur das ästhetische, das prunkvolle, das romantische, das harmonische Abbild der Natur um heil zu werden?
Meine Erfahrung stellte sich etwas anders dar. Als ich eingeladen wurde, für dieses Buch enen Beitrag zum Thema Therapiegärten zu verfassen, war mir klar, dass ich als Ergotherapeut und Kunsttherapeut sicherlich viele Seiten über Gartenbautherapie und Therapiegärten schreiben könnte. Ein paar Zitate, ein paar Zeilen aus meiner Diplomarbeit über Gartenbautherapie und schon wäre es vollbacht gewesen. Trotzdem wollte mich die Muse einfach nicht küssen. Zuerst schrieb ich die schuld einfach meinem chronischen Zeitmangel und meiner beruflichen Auslastung zu. Ich ignorierte jedoch lange Zeit den Gedanken, dass ich erst einmal „diesen Ort“, um den es eigentlich ging, selbst mit Leib und Seele erfahren sollte, um dann darüber zu schreiben.

So beschloss ich, nachdem meine Schreibhemmung weiter anhielt, mit Achtung und Demut den Ort aufzusuchen, um herauszufinden, was es dort so Besonderes gab. So manchem Besucher würde der Stenbruch bein ersten Anblick vermutlich keinen Jubelschrei entlocken und auch mich durchfuhr zuerst erschrockene Ernüchterung. Es gab mehr Störendes als Einladendes und es kostete mich sogar Überwindung zu bleiben. Etwas verwirrt vom ersten Eindruck suchte ich herum. Letztendlich zog es mich auf eine kleines Felsplateau mit einem durch viele Äste verstecken Ausblick auf den Keutschachersee. Mit diesem Fleckchen konnte meine Seele nun leicht in Resonanz gehen und so setzte ich mich auf einen bemoosten, mit Laub bedeckten Stein und verweilte einen Augenblick.
Ich denke, so wie ich meinen Platz dort gefunden habe, so würde jeder Besucher sein Plätzchen entdecken und das ist genau, was dieser Ort möchte. Er möchte einfach nur entdeckt werden und seine Geheimnisse dem, der zu lauschen vermag, preisgeben. Derjenige, der seinen Platz gefunden hat und sich auf alles um ihn herum von ganzem Herzen einzulassen vermag, egal ob anziehend oder stören, der kann dort noch etwas viel Tiefergehendes finden – nähmlich sich selbst im Augenblick.
Als ich den Ort verließ und mich nochmals umblickte, sah ich den alten Steinbruch als eine Wunde, die am Verheilen ist. In ein paar Jahren erinnert vielleicht nur noch das alte, verwitterte Schild am Eingang „Achtung! Ganztägige Sprengungen“ an die menschlichen Eingriffe in der Landschaft, mit der meine Seele an diesem Juniabend so wunderbar in Resonanz gehen konnte.

Diesen  Beitrag entnahm ich aus dem Buch „Das Herz von Kärnten – Vom Steinbruch zur Naturgartenvision“ und wurde vom  Autor auch für dieses Blog freigegeben.

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