Beitrag des Buchpartners: Buchpartnerschaft mit der Marktgemeinde Ebenthal in Kärnten, von…
Mag. Bernhard Gutleb (1965)
hat in den späten 1980-er Jahren Biologie / Zoologie in Wien studiert, arbeitet seit 1991 am Braunbären, seit 2004 Leiter des fachlichen Naturschutzes beim Amt der Kärntner Landesregierung, zahlreiche Forschungsprojekte und Publikationen v.a. zum Thema Bär, Fischotter und Amphibien, hat vor einigen Jahren längere Zeit in der Marktgemeinde Ebenthal (Rain) gewohnt, Vorstandsmitglied beim Naturwissenschaftlichen Verein für Kärnten. Im Jahr 2000 von Greenpeace Deutschland für seinen Einsatz für Braunbären auf den 66. Platz unter den „100 Helden des 20. Jahrhunderts“ gereiht.
Adresse borni@jahoo.com
Naturjuwelen der Marktgemeinde Ebenthal in Kärnten
Während die unmittelbar angrenzende stadt Klagenfurt in etlichen Bereichen wie beispielsweise Einwohnerzahl und Infrastukur, klar voran liegt, ist das bei den naturräumlichen Werten dramatisch umgekehrt. Kaum eine Gemeinde des Kärntner Zentralraumes hat eine vergleichbare Artenvielfalt – auf „Neudeutsch“ Biodiversität – und Naturjuwelen in ähnlicher Dichte zu bieten wie Ebenthal.
Als sich die Gletscher nach der letzten Eiszeit vor 12. 000 Jahren aus Kärntens Tieflagen zurückzogen, gaben sie zuerst Höhenrücken wie die Sattnitz frei, welche zugleich eine vom einige 100 Meter hohen Gletschereis zur Seite geschobene und verfestigte Schotterablagerung – Randmoräne genannt – darstellt. Diese einige jahrtausend ältere Eisfreiheit kann von manchen Spezialisten noch heute in den Pflanzengesellschaften abgelesen werden.
Die Besonderheiten beginnen schon bei den Landschaftelementen, sie reichen von den Auwäldern und Lauenbächen entlang der Glan, über Schluchten und Wasserfälle auf das Sattnitz-Plateau mit seltenen Waldgesellschaften und außergewöhnlichen Mooren bis hin zu den Konglomerat – Steilwänden des südlichen Sattnitzabfalles mit trockenwarmen Sonderstandorten.
Entsprechend den vielfältigen Lebensräumen hat die Marktgemeinde Ebenthal auch einen sehr hohen Artenreichtum an Pflanzen und Tieren bis hin zu besonderen Raritäten. Vor einigen Jahren konnten Wissenschaftler im Bereich des Südabfalles der Sattnitz an einem einzigen Tag über 2000 Arten feststellen, im ganzen Gemeindegebeit ist mit gut und geren 5000 Tier- und Pflanzenarten zu rechnen. Sie alle aufzuzählen ist hier nicht möglich, aber auf einige Besonderheiten soll hingewiesen werden.
Von den farnreichen naturnahen Rotbuchenwäldern der Sattnitz – Nordhänge (Wurmfarn, Kalk-Eichenfarn, Hirschzungefarn) deutlich unterscheidbar sind die wärmeliebenden und orchideenreichen Rotbuchenwälder mit eingestreuten Hopfenbuchen der Südhänge ( Rotes Waldvögelein, Kleinblatt-Ständelwurz, Schwertblatt).
Weitere pflanzliche Raritäten: Echte Felsenbirne, Echte Bärentraube, Andermennig, Strauch-Birke, Zwergfarn, Arnika, Kleiner Käsepappel, Ringelblume, Gelb-Taglilie, Alben-Goldregen, Österreichischer Bergfenchel, Frauenschuh, Geflecktes Knabenkraut, Nestwurz, Hlemknabenkraut, Weiße und Grüne Waldhyazinthe, Bäumchenmoos und Glänzendes Sichelmoos. Auch bei den Pilzen gibt es mit über 1000 Arten eine grüße Vielfalt im Gemeindegebiet, von den für die meisten interessanten Speisepilzen findet man den Herrenpilz, den Kiefernsteinpilz, das Eierschwammerl, den Schafchampignon, den Maronenröhrling, den Schopftintling und den Speise-Morchel.
Auch bei den Tieren erstaunt die große Vielfalt und hat bereits vor 100 Jahren Spezialisten wie Emil Hölzel, Robert Latzel, Edgar Klimsch und viele andere auf die stadtnahe Sattnitz und nach Ebenthal gelockt. Sie haben hier Pionierarbeit an Spinnentieren, Ameisen, Käfern oder allgemeinen Bodentieren geleistet.
Diese geschichtlichen Daten interessieren wiederum viele Forscher unserer Zeit. Man findet auch heute am Boden Tiere wie die Illyrische Kettenassel, die goldene Springspinne, den Karmin-Rückenkanker, Knoten- und Schmalbrustameinsen sowie die Käfer Weberbock, Schmalbock und Alpenbock. Viele Heuschreckenarten, Laufkäfer, Libellen, Wanzen bis hin zu Edel- und Steinkrebs bewohnen das Gemeindegebiet und Biotope wie Waldbäche und kleine Teiche. An diesen Stellen – und bei Regen fast überall – kann man den Feuersalamander antreffen, in einer der höchsten Dichten ganz Kärntens.
Auch Moorfrosch, Grasfrosch, Erdkröte, Gelbbauchunke, Kammmolch, Teichmolch und Bergmolch finden hier sowohl geeigneten Landlebensraum als auch Laichgewässer.
Aufgrund der warmen Sonderlebensräume, vor allen an der Südseite der Sattnitz, beherbergt die Marktgemeinde Ebenthal auch überdurchschnittlich viele Reptilienarten, wie die Smaragd- und die Mauereidechse, Schlingnatter, Äskulapnatter, Ringelnatter und Würfelnatter sowie Hornotter und Kreuzotter.
Die Artenzusammensetzung wird bei uns einerseits bestimmt von Wasserläufen (Glan, Drau), Feuchtflächen, hochwertigem Wald mit Altholz und anderseit natürlichen Nistplätzen und solche der Kulturlandschaft.
Neben den bekannten Vögel des Siedlungsraumes wie Amsel und Sperling („Spatz“) wurden auch schon Gänsesänger, Zwergrohrdommel, Pfeifente und Silberreiher bei uns beobachtet. Auch wenn das Hauptvorkommen und Projektgebiet zur Erhaltung der Zwergohreule weiter westlich auf der Sattnitz liegt, können aufmerksame Spaziergänger auch bei uns vor allem im Mai in den frühen Abendstunden ihre monotonen „dju…..dju…..dju“ – Rufe vernehmen. So mancher hat sie schon mit dem Rückfahrpiepser eines LKW verwechselt.
Von den Greifvögeln halten sich regelmäßig Mäusebussard, Wespenbussard, Sperber und Habicht bei uns auf, zum Teil brüten sie hier auch. Neben dem Turmfalken brütet auch der Uhu als König des nächtlichen Luftraumes in den südexponierten Wänden der Sattnitz. Es verwundert nicht, dass auch quasi die Futtertiere der letztgenannten Vögel sehr zahlreich vertreten sind, wie Mäuse, Eichhörnchen, Siebenschläfer und Spitzmäuse sowie Igel und Maulwurf, auch die fliegenden Fledermäuse sind mit sage und schreibe mindestens 13 Arten vertreten.
Dass von den größeren Säugetieren und vom jagdbaren Wild Arten wie der Fuchs, Dachs, stein- und Baummarder sowie das Reh im Marktgemeindegebiet vorkommen, mag nicht überraschend sein, doch mit der Gams hätte in dieser Höhenlage wohl kaum jemand gerechnet, auch wenn ihr Vorkommen auf einen Aussetzung zurückgeht.
Neuerdings ziehen sogar Fischotter und vor allem der Biber als ursprünglich bei uns heimische wasserbebundene Säugetiere nach etlichen Jahrzehnten der Abwesenheit wieder durch die Ebenthaler Gewässer. Eigentlich sollte diese Artenaufzählung hier nun wirklich zu Ende sein, aber es kommt noch einmal ganz dick.
Selbst der Braunbär ist quasi Gemeindebürger. Einer der letzten in Kärnten erlegten Braunbären fiel 1860 auf der östlichen Sattnitz, wenig oberhalb der heutigen Annabrücke. Das Stopfpräparat dieses Bären stand bis vor wenigen Jahren in der Schauvitrine des Landesmuseums, wurde aber vor kurzem wegen seines altersbedingten Zustandes ins Depot verlegt. Danach war es wohl einige Zeit still um den Bären auf der Sattnitz, bis im herbst 2002 und im herbst 2006 zwei unterschiedliche Bären übe diesen Höhenrücken und auch durch Teile der Marktgemeinde Ebenthal streiften.
Inden vorangestellten Absätzen ist der Artenreichtum, wenn auch nur auszugsweise, der Marktgemeinde Ebenthal dargestellt. Um diesen zu erhalten, gibt es zahlreiche Schutzgebiete und Artenschutzprojekte bis hin zu Biotoppflege und ÖPUL Verträge in der Marktgemeinde Ebenthal – abgestimmt zwischen dem Naturschutz – und Umweltreferat der Marktgemeinde, dem Naturschutz des Landes Kärnten und der Grundeigentümer sowie lakaler Aktivisten.
Gerade kürzlich wurden zwei 150 Jahre alte Maulbeerbäume zum Naturdenkmal erklärt, am Habermoor soll zusammen mit der Straßenbauabteilung der ursprüngliche Wasserhaushalt wiederhergestellt und damit das Morr vor der Verbuschung bewahrt werden und in der Ebenthaler Schlucht sind Lebensraumerhebungen in Vorbereitung. Gemeinsam kann es gelingen, das wertvolle Naturerbe der Marktgemeinde kommenden Generationen in guten Zustand zu übergeben.
Weiterführende Literatur:
Golob, B. & H. Zwander edit. (2006): Die Sattnitz – Konglomerat der Natur im Süden Kärntens. Verlag des Naturwissenschaftlichen Vereines für Kärnten ISBN: 978-3-85328-041-2, 356 pp
Rottenburg, T., Mösslacher, H., Krainer, K., Gutleeb, B., Hebein, C. (2000): GEO-Tag der Artenvielfalt. Kärnten: Sattnitz-Wände / Guntschacher Au. AKL – Abt. 20 Landesplanung, 47 pp.
Am 09. Dezember 2011 von Albert
Kategorie: Autor(inn)enbeitrag, Forschung - Vielfalt - Biodiversität, Lebensraum Naturgarten
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