Ich durfte am schönen Wörthersee aufwachsen und dafür bin ich ewig dankbar. Hier unternahm ich meine ersten Schritte in das beginnende Labyrinth des Lebens. Gerade Kärnten ist ein wunderbares Beispiel für die Stärke und Kraft der Natur, die wie ich finde, an diesem Ort besonders Eingang in Geist und Körper findet. Die unberührten Naturgärten mit ihrem erfrischenden Quellen, den mystischen archaischen Plätzen, wie es zum Beispiel die bemoosten Ofersteine der Kelten sind, an denen sich noch oft verschmitzte Kobolde vorbeischlängeln – die weiten Wälder und die in das Sonnenlicht eingebetteten Teiche, kriechen dem stillen Wanderer der Gezeiten als Inspirationsbogen in Leib und Seele und es ersteht ein Druidenmeister des inneren Friedens, der ein symbolischer Mittler für den leicheren Zugang zum eigenen Selbst wird.
lebt und arbeitet in Wien als freie Journalistin, (Drehbuch-) Autorin und ist freischaffende Künstlerin in den Bereichen Malerei und Musik.
Kontakt: stephanie.gruenberger@aon.at
Weiterführende Informationen und psychologisch-soziale sowie kunstgeschichtliche filmtheoretische Interpretationen finden Sie in meinem Buch „Das Labyrinth – und seine strukturelle Verfänglichkeit in den Filmen Shinig, Persona und Lost Highway“ (ISBN: 363914158X, VDM Verlag, April 2009 – kartoniert – 156 Seiten) – erhätlich u.a. bei Libri.
Man wird geborgen und ist zunächst in eine vorgefasste Welt eingelassen. Sie gibt den Ton an, einen bestimmten Rhythmus, den der Ort und seine Gesellschaft, die man noch leichtsinnig betritt, vorgibt. Man wächst heran zu einem einzigartigen Wesen und strampelt beim Betreten des Lebenslabyrinths seine ganzen Berge an Gewicht ab, die man durch die prägenden Normen erhält. Es bleibt meist bei einem Versuch, in dem man scheitert und gewinnt, denn dies ist ja auch was uns prägt und uns leitet, in eine bestimmte Richtung zu gehen.
Es formt uns und doch sind wir darauf bedacht, uns immer mehr vom Negativen zu lösen und zum Positiven durch zuschreiten. Doch meist stellt man sich auf den Weg des Labyrinths, der als persönliche Seinserfahrung gesehen werden kann und die uns dem Zentrum näher bringt, dem eigenen inneren „Dämon„, der ein wichtiger Lehrmeister wird, wenn man durch seine Augen durchtritt und keine Angst vor der Veränderung hat, die einen bis hin zur Heilung und zur eingenen unendlichen Mitte geleitet. Mit einem klaren Sein und Sinn geht man aus dem Labyrinth der Aufgaben und Lebensspiralen hervor und vor allem an gestärkter Erde, frischer Luft und dem sanften Wasser des Lebens.
Warum mir gerade auch Jordanien als ein Land aufgefallen ist, wo man eine ähnliche Urkraft findet, ist erstaunlich, da es sich doch um ein durch-und -durch hochprozentiges Wüstenland handelt, das auf den ersten Blick gar nichts mit Kärnten zu tun hat. Aber was diese Länder verbindet – die Berge, der Stein, die gefühlte Ruhe des Dazwischen. Hier stehen sich karge und saftige Naturgärten gegenüber, doch bei beiden gilt es einfach, jenes Labyrinth zu finden, das man auf dem Weg verloren hat, das sich in einem Irrgarten verwandelte oder das im Nebel der Ängste untergetaucht ist.
Einer der schönsten Plätze des Wüstenlandes ist das Wadi Rum, östlich der Stadt Aquaba gelegen. Dieser faszinierende Naturgarten mit der endlosen Weite sandiger Dünen und hochaufragenden schroffen Felsformationen gebiert fast vergessene Felszeichnungen und meditative Schönheiten des Weltenraums.
Ja um Räume in der Zeit und um eine Zeiteinheit in Räumlichkeiten, die drüber hinaus weisen, geht es auch in den Labyrinthen des Lebens. Die Psyche, der Geist und sein Körper müssen ihre Einswerdung akzeptieren, da sie den Rückhalt des Selbst brauchen. Keine Vergleiche oder Verurteilungen können das Gesamte bestärken, sie teilen es und davon muss man sich entfernen, um sich zu finden und damit auch die Menschlichkeit und die göttliche Energie, die durch Vertrauen gewonnen wird.
AUSFLUG IN DAS LABYRINTH ALS KONKRETE FIGUR
Das Labyrinth ist ein Symbol, das mit dem Körper der Erdmutter (für den indianischen Hopi-Stamm und universeller Plan des Schöpfers, den einen heiligen Platz schützen will) und der makrokosmischen kosmologischen Ordnung, die jedes mikrokosmische mikrokosmische Individuum in sich trägt, bei zerstörten Wurzeln eine Wiederherstellung herbeiführen muss, was zur Bezwingung des „Minotaurus“ – dem eigenen inneren Dämon und der eigenen Schattenseite führt.
Die Figur des abzweiglosen Labyrinths wurde ursprünglich in einem getantzen Ritual durch einen, an einem Baum gebundenen, Tänzer erzeugt. Je länger die Figuren andauern und ihre Statik abändern, desto mehr nähern sie sich dem Labyrinth an, dessen Grenzen des Innen und Außen aufeinander stoßen.
Das Labyrinth lässt viele Deutungsmuster und Verwendungsmöglichkeiten zu. Zum einen als Bewegungsfigur, als Stadtbild mit sieben Mauern, als ein „achteckiger Spiegelraum der Selbstbegegnung der Sebstbegegnung“ (vgl. dazu.: Hermann Kern. Labyrinthe – Erscheinungsformen und Deutungen 5000 Jahre Gegenwart einers Urbildes. S. 267). als Sündenweg oder als Weg in die Unterwelt und als moralisches oder christliches Weltbild.
Letzteres inkludiert einen christlichen Wanderer, der den Weg des Labyrinths als einen Pilgerweg beschreitet und während seiner Reise Gott begegnet. Will man den Ausgang des Labyrinths finden, wird man dazu angehalten, sich seinem Selbst zu stellen. Man taucht hinab in seine Tiefen und vollzieht eine Wendung seiner bisherigen Lebensformen und folgt dem daraus resultierenden ´Ariandnefaden´.
Man steht allein in seinem Selbst, das im ´Hier und Jetzt´ganz und gar sein kann und sich das Unterbewusstsein dem Bewusstsein öffnet. Eine neue Existenz wird durch das Zurückgeworfensein auf sich selbst und die Konfrontation mit seinen Ängsten, Fähigkeiten, Liebesträumen, Prinzipien, Philosophien und all jenen Dingen, die es lohnt loszulassen, geformt. Reduktion auf das pure Spüren. Eine Aktion auf die Reaktion lebendig werden lassen.
Der Kretische Labyrinthtyp mit sieben Umgängen wird durch den Typ Chartres [vgl. dazu: Barbara G. Walker. Das geheime Wissen der Frauen. 1995. S. 600: In der Kathedrale von Chartres gab es ein sechsblättriges Labyrinth, das „Markenzeichen“ der Göttin Aphrodite. Der Pfad war genau 666 Fuß lang (= heilige Zahl der Aphrodite) vgl. dazu Hexagramm] – Eingang im Westen – der Labyrinthweg wurde abgegangen oder auf den Knien rutschend zurückgelegt; durch das bloßfüßige Beschreiten, wurde heilige Energie aufgenommen und der Weg zum Zentrum des Labyrinth glich einer Pilgerreise nach Jerusalem (vgl. dazu: Nigel Pennick. Die alte Wissenschaft der Geomatie- Der Mensch im Einklang mit der Erde. 1982. S. 68) – mit elf Umgängen im zehnten Jahrhundert ergänzt, beziehungsweise christianisiert, indem ein Kreuz über die Labyrinthfigur gelegt wurde.
Der Übergang bildet der Typ Otfrid (Vorbild Sankt Gallen, noch sieben Umgänge, ca. 829 n.Chr.) aus der Wiener Handschrift von Otfrid von Weißenburgs Evangelienharmonie aus den Jahren 863-871. Hier findet sich zum ersten Mal eine erhöhte Gangzahl, die den Typ von Stankt Gallen durch Wiederholung ausweitet. Hier spielt die Zahl elf eine bedeutende Rolle, da sie in der christlichen Religion des Mittelalters für die Natur der Sünde steht, ebenso für Übertretung und Maßlosigkeit. Sie geht über die Zahl der zehn Gebote hinaus und unterschreitet die Zahl der Apostel.
Die Christinaisierung der Labyrinthfiguren kann als Vorgang der Westkirche gegen „die Invasion nordisch-heidnischer Vorstellungen infolge der Normannenzüge“ (vgl. dazu: Hermann Kren) gesehen werden. Man musste sich damals gegen die heidnischen Trojaburgen und das Labyrinthbrauchtum abgrenzen. Das Kreuz liegt auf der Zahl der sündigen Welt, heilt das Böse und erlöst den Menschen. Christus gleicht Theseus, Satan Minotaurus und die Gleichsetzung Christus mit Gott repräsentiert den Ariadnefaden, der die Menschheit aus den Steingrenzen der Erbsünde erlöst.
Dies ist auch der Grund dafür, warum es nur einen Weg hinaus gibt, denn die christliche Heilslehre besteht auf einen einzige Lösung, nämlich die ihre. Der Protagonist wird der christliche Wandersmann.
Das männliche Prinzip ist der Teufel, hingegen gleicht die Hölle, das versteckte Tiefe, dem Weiblichen. Das fünfzehnte Jahrhundert brachte schließlich eine Säkularisierung des heilenden Labyrinthgedankens ein, und Irrgärten erweitern die Konfusis und Verwirrung der Labyrinthe. Die Irreführung wird plakativ real und setzt die Metaebene der Selbstsuche um. Die mittelalterlichen Gartenlabyrinthe (früheste Belege: 14. Jahrhundert) werden von Renaissance-, Barocklabyrinthen und Irrgärten mit übermannshohen Hecken abgelöst.
Schlussbemerkung
Das Leben und seine Naturgärten- eine Verbindung zwischen den Elementen des Seins und seine Gebäudeformulierungen in Wald, See, Meer und Wind und dazwischen Lebensformulierungen, die streben und erschrecken, die wachsen und gedeihen: bis sie sich zum sterben vor dem Himmelszelt ausbreiten. Ein Verschwinden im All – in dem All-eins-sein, dem All-Mächtigen, dem All-umformenden – bis eine Seele sich ablöst und nach ihrer Soulmate beflügelt suchend, darauf Anspruch erhebt.
Ob sie sich finden, kann nur Offenheit und das Eins-Sein bewässern, und wenn man das Glück hat und auf sie trifft, dann soll man sich egal in welchem Naturgarten man sich gerade befindet, voll Dankbarkeit im Sande ausbreiten und die Liebe freilassen.
Meine Seele hat nun trinken dürfen, ist verloren
Grüßt den Stein und das Wasser, das darauf steht
Zwanglos und doch zu etwas berufen
Eine Welt auf dem ganzen Universum
Versammelt in den Brotkrumen und dem Licht
Ausgebreitet liegt sie da, nur sehend und hörend
In dem Labyrinth, das ihr neue Aufgaben stellt und sie lachend singt.
Zugang zu meinen künstlerischen Arbeiten finden Sie unter www.myspace.com/41023339
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Am 28. März 2010 von Albert
Kategorie: Autor(inn)enbeitrag, Spiritualität, Tourismus
Ich freue mich, diesen interessanten Artikel zu lesen.
Klára Borsos Journalistin, Stylistin / Lakáskultúra (HomeDesign) Budapest