Schutz – Erholung – Erziehung

Der Naturgarten in der Stadt, von Christian Skiba

„Man soll wachsen lassen, was wächst
und menschliche Eingriffe auf das
Allernotwendigste beschränken-
die Natur ordnet sich schon selbst.“
Louis G. Le Roy

Stadt und Natur – das klingt nach einem Gegensatz; das eine scheint das andere auszuschließen. Ist doch die menschengemachte Stadt ein künstliches Gebilde, das in dieser Form kein natürliches Gegenstück hat. Die „Städte“ in der Natur sind die Burgen der Ameisen, die Bienenstöcke oder die Kolonien der Webervögel.

Diese natürlichen „Ballungsräume“ unterscheiden sich aber deutlich von unseren. Hier gibt es keine Müllprobleme, keine Stressfaktoren für Ihre Bewohner, keinen hohen Energiebedarf, kein Ausbeuten des Umlands. Im Gegenteil: Sie gliedern sich nicht nur in den umgebenden Lebensraum ein, sondern sie erfüllen dort auch wichtige Aufgaben.

Naturgarten-der-Weg-Christian-SkibaDI Christian Skiba,
Jahrgang 1964, Gärtner, Agrar-Techniker für ökologischen Landbau und Dipl. Ing. (FH) für Landschaftsnutzung und Naturschutz. Befasst sich seit vielen Jahren mit der städtischen und ländlichen Permakultur. Vor einigen Jahren von der Stadt aufs Land gezogen und lebt jetzt mit Familie in einem kleinen Dorf in Bayern.
Webseite: www.cityfarmer.de

Es ist längst Zeit geworden, unsere Städte zu renaturieren und damit die Entfremdung der „Städter“ von der Natur zu beseitigen oder wenigstens ein bißchen zu verringern.

Ein Naturgarten in der Stadt bietet dafür vielfältige Möglichkeiten, den er ist
– ein Lebensraum für heimische Tiere und Pflanzen, auch für bedrohte Arten
– ein Vorzeige-und Demonstrationsobjekt, das zur Nachahmung animiert
-ein erzieherisch wertvoller Erfahrungs- und Erlebnisraum, besonders auch für Kinder
-eine Produktionsstätte für gesunde Lebensmittel
– ein reizvolles Gegenstück zu den pflegeleichten Monokulturgärten und mehr als diese ein Spiegel der Jahreszeiten
-ein Naherholungsraum für seine Nutzer und Besucher, der die wochenendübliche „Stadtflucht“ verringern kann
– en Beitrag zu einer naturnahen, lebendigen Stadt

Damit er diese Aufgaben erfüllen kann, sind einige Bestandteile und Voraussetzungen notwendig beziehungsweise hilfreich:

Königskerze-Christain-Skiba-Heimische Pflanzen als Lebensgrundlagen für daran angepasste heimische Tiere.
– Verzicht auch überzüchtete Sorten (z.B. mit gefüllten Blüten), die nur auf optische Reize abzielen, die aber keinen Nektar für die Insekten bieten.
-Verzicht auf chemisch-synthetische Dünger und Pestizide, die immer stark schädigend in den Naturhaushalt und in die Nahrungskette eingreifen.
– Keinen aufgeräumten Saubermann-Garten schaffen, in dem jedes „Unkraut“ zum Störfaktor wird, sondern überständige, alte, samentragende Pflanzen, hohle Stängel, liegendes und stehendes Totholz sowie ungeplante Wildpflanzen tolerieren. Laub- ,Stein- und Reisighaufen anlegen.
-(Wieder)verwenden von Altmaterial, das billig ist, keinen weiteren Energieverbrauch erfordert und meist ein natürlicher Baustoff ist (Holz, Ziegel, Ton).
-Ein Naturgarten sollte kein isoliertes Inselbiotop sein, sondern nach Möglichkeit mit anderen Flächen zu einem Netz verknüpft werden. So können sich die einzelnen Gärten gegenseitig ergänzen und als Ver- und Ausbreitungswege für die Tier- und Pflanzenwelt dienen.
– Mulchwirtschaft ist eine wichtige Bodenschutzmaßnahme. Nackter Boden trocknet aus und ist lebensfeindlich. Eine laufend erneuerte Schicht aus Grasschnitt, Laub und Pflanzenteilen hält den Boden schattig und feucht und macht ihn durch die dann dauerhaft aktiven Bodenlebewesen lebendig und fruchtbar.
– Bau von Insektenhotels, mit waagrecht angebrachten hohlen Stängeln, gelochten Holz-und Lehmstücken, Rinde, mit Holzwolle gefüllte Blumentöpfe u.a., bieten selten gewordene Brut- und Unterschlupfmöglichkeiten z.B. für Solitärbienen.
– Streuobstwiesen sind äußerst artenreiche und komplexe Lebensräume, die sich auch in kleineren Bereichen verwirklichen lassen.

Wie geht man nun am besten vor, um seinen Garten in eine Naturgartenoase umzugestalten?
Machen Sie sich die Gestaltungsprinzipien der Permakultur zu Eigen: nutzen Sie das Vorhandene, optimieren Sie natürliche Standortgegebenheiten, schaffen Sie Vielfalt und bringen Sie Ihren Garten in natürliche Gleichgewicht.

Aus Australien kommt die Idee „Permablitz“: Um möglichst viele Gärten in kurzer Zeit umzugestalten (hier im Sinne der obengenannten Permakultur) und weil es gemeinsam viel mehr Spaß macht, treffen sich Gartenbesitzer reihum und gestalten und optimieren einen Garten nach dem anderen. In der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten kommen mehr Ideen auf und es fallen auch anstrengende Arbeiten leichter, als wenn man allein vor sich hin werkelt.

In manchen Städten gibt es bereits das Projekt „offene Gartentür“, meist im Zusammenhang mit Gartenausstellungen oder Gartenschauen. Hier werden in der Presse und auf Infoblättern die teilnehmenden Gärten vorgestellt, die dann von den Besuchern besichtigt werden können. Wenn bei Ihnen nichts in dieser Hinsicht geplant ist, starten Sie selbst eine solche Aktion. Suchen Sie Mitstreiter, andere Gartenbesitzer und zeigen Sie Ihre Verwirklichung eines Naturgartens. Es muss nicht perfekt sein. Auch Kleinigkeiten und Ansätze sind sehenswert und zur Nachahmung und für weitere Ideen wertvoll.

Wenn es die Größe des Gartens erlaubt, laden Sie Kindergärten und Schulklassen zu einem Besuch ein. Machen Sie einen kleinen Rundgang und geben Sie den Kindern die Möglichkeit auf Entdeckungsreise zu gehen. Die Freude der Kinder am Erlebten und Gesehenen entschädigt für etwaige „Flurschäden“.

Ein Naturgarten ist aber selbstverständlich nicht nur für die anderen Menschen und die wildlebenden Tiere und Pflanzen da. Sie selbst, als Gartenbesitzer oder -nutzer sind ebenso Bestandteil der Natur und als solcher berechtigt und aufgefordert darin zu leben und diesen zu nutzen. So sind Gemüse- und Blumenbeete, eine Liegewiese oder eine Kinderschaukel nicht verwerflich und haben selbstverständlich auch in einem Naturgarten ihren Platz.

Zusammenfassen lässt sich sagen: Ein Naturgarten in der Stadt löst längst nicht alle Probleme, die unsere Ballungsräume mit sich bringen. Aber jeder Naturgarten ist ein kleiner Schritt auf den Weg zu einer lebenswerten Stadt.

Machen Sie mit!

Christian Skiba, Dipl. Ing. (FH) für Landschaftsnutzung und Naturschutz

Lesenswerte und weiterführende Literatur:
– Le Roy, Louis: Natur ausschalten – Natur einschalten
– Albertshauser; Edgar M.: Neue Grünflächen für die Stadt
– Wieland Dieter: Grün kaputt
– Mollison, Bill/ Holmgren, David: Permakultur – Leben in Harmonie mit der Natur
-Mollison, Bill: Permakultur II – Praktische Anwendung
-Whitefield, Patrick: Permakultur – kurz und bündig
– Loidl-Reisch, Cordula: Der Hang zur Verwilderung
-Reichholf, Josef: Steinbachs Biotopführer – Siedlungsraum
-Lohmann, Michael: Naturinseln in der Stadt und Dorf

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