Es gibt so viele unterschiedliche Formen von Naturgärten und immer mehr Interessengemeinschaften schließen sich zu einem Kreis, welcher wie eine Spirale sich weiter und weiter dreht.
Die ersten Schritte hin zum Naturgarten ist sich selbst als Mensch innerhalb dieser Vielfalt, Sehnsucht oft auch Zwiespalt, vor allem aber Harmonie verstehen zu lernen.
Dieses Buch ist ein „Schatz“ für jedem Natur und Gartenfreund, und niemand besser als die Autoren selbst können dieses Buch vorstellen.
Ich bin, ich weiß nicht, wer,
Ich komme, ich weiß nicht, woher,
Ich gehe, ich weiß nicht, wohin,
Mich wundert, das ich so fröhlich bin.
(Angelus Silesius)
In Deutschland ist die Trennungslinie zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, zwischen den „zwei Kulturen“ (C.P Snow) also, sehr viel deutlicher gezogen als im angelsächsischen Raum. So ist die Anthropologie, die sich doch mit dem ganzen Menschen befassen soll, auf mehrere Fakultäten verteilt.
Traditionell wird die physische, insbesondere die biologische Anthropologie den Naturwissenschaften, die Kultur- und Sozialanthropologie den Geisteswissenschaften, die medizinische Anthropologie aber der Philosophie zugeordnet.
Dieser Aufteilung liegt ein dualistisches Menschenbild zugrunde, die Spaltung des Menschen in einen physikalischen-physiologischen Gesetzen gehorchenden materiellen Leib und einen nichtmateriellen Geist – ein Menschenbild, das seinerseits durch die Fächertrennung bestätigt und verstärkt wird. Für eine moderne Anthropologie gibt es somit aus deutscher Sicht gute Gründe, sich nach internationalen Standards umzusehen.
– die Hoffnung, das dualistische Welt- und Menschenbild zu überwinden,
– die Notwendigkeit, die übertriebene und dem Thema Mensch nicht angemessene Aufteilung, ja gegenseitig Abschottung von Natur- und Geisteswissenschaften aufzubrechen,
– die Aussicht, eine von Ideologie nicht belastende Wissenschaft von Menschen zu betreiben.
In einer modernen Anthropologie müssen biologische, Sozial- und Kulturwissenschaften ein einheitliches Konzept entwickeln. Allerdings gilt: Nicht was der Mensch zu sein sich wünscht, nicht seine Idealbilder, nicht seine religiösen und ideologischen Meinungen über sich sind gefordert. Aufgabe ist vielmehr, den Menschen als das zu erfassen, was er wirklich ist:
als ein Lebewesen, das zwischen Natur und Kultur steht und beide Pole in sich vereint.
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes versuchen, diesem Anspruch eines realistischen Menschenbildes gerecht zu werden und den Menschen sowohl aus einer verhaltensbiologischen als auch aus einer kultur- und sozialanthropologischen Perspektive zu betrachten.
Dabei orientieren sich die Anordnung der Beiträge grob am Ablauf eines Menschenlebens; so spannt sich der thematische Bogen von Zeugung und Geburt über die sozialen Beziehungen und Systeme, denen wir angehören, bis zum Tod.
Voraussetzung jedes neuen menschlichen Lebens ist die Sexual- und Zeugungsgemeinschaft von Mann und Frau, wobei die scheinbar selbstverständliche Existenz zweier geschlechter und ihrer Verhaltensweisen durchaus erklärungsbedürftig ist (Beitrag von Christian Vogel und Volker Sommer).
Hineingeboren wird jedes Kind in Verwandtschaftssysteme, die sowohl eine biologische als auch eine diese überformende kulturelle Dimension umfassen (Beitrag von Gerhard Vowinckel).
Seine primäre Sozialisation findet im Kontakt mit seinen Eltern, insbesondere mit der Mutter statt (Beitrag von Magret Schleidt).
In größeren sozialen Zusammenhängen stellt sich den Menschen das Problem von Nähe und Ferne, Fremdheit und Vertrautheit anderer Menschen und Kulturen (Beitrag von Gabriele Herzog-Schröder).
Eine wesentliche, oft unterschätzte Ebene menschlicher Kontaktaufnahme (bzw. der Ablehnung anderer) bilden Formen menschlicher Kommunikation (Beitrag von Wulf Schiefenhövel).
Unabhängig davon, ab man das Spiel als eine Art „Entwicklungsförderung“ oder als „Luxushandlung“ betrachtet, nimmt es jedenfalls einen gewichtigen Platz im Leben des Menschen und vieler Tiere ein (Beitrag von Volker Sommer).
Karl Grammer zeichnet die Entwicklungslinie von den einfachen Behausungen bei den sogenannten Naturvölkern bis hin zu den heutigen Megastädten nach und zeigt auf, wie die jeweiligen Wohnformen menschlichen Verhalten mitbestimmen.
Das wohl düsterste Kapitel unter den menschlichen Verhaltensweisen stellt die bewußte Tötung von Artgenossen in Kampf- und Kriegshandlungen dar; Irenäus Eibl-Eibesfeld diskutiert, ob dies ewiges Verhängnis für den Menschen bleiben muß oder ob Aussichten für den Frieden bestehen.
Am Ende jedes Lebens stehen oftmals Altern und Krankheit, stets aber der Tod; wie unterschiedlich diese scheinbar ewiggleichen Phänomene in verschiedenen Kulturen verarbeitet werden, demonstriert Wulf Schiefenhövel anhand einer unsere eurozentrische Sicht verfremdenden ethnomedizinischen Perspektive.
Die Beiträge dieses Bandes entstammen dem Funkkolleg „Der Mensch. Anthropologie heute“, einem Medienverbundprojekt, das in den Jahren 1992/93 stattgefunden hat. Für die Buchausgabe wurden sie überarbeitet, aktualisiert und gekürzt. Weitere Beiträge aus dem Funkkolleg finden sich in den Sammelbänden „Vom Affen zum Halbgott. Der Weg des Menschen aus der Natur“ sowie „Gemachte und gedachte Welten. Der Mensch und seine Ideen“, die ebenfall bei Trias erschienen sind.
An einem derart umfangreichen Projekt sind stets zahlreiche Personen beteiligt, deren Verdienste unmöglich individuell gewürdigt werden können. Persönlichen Dank abstatten möchten wir aber Frau Dr. Ursula Goetzl vom Südwestfunk in Baden-Baden, die uns stets mit Rat und Tat beistand und die mit ihrer Redaktion die oft wenig rundfunkgerechten Texte von Wissenschaftlern in sendefähige Manuskripte umzugestalten wußte; ferner Frau Ute Bandlow und Herrn Eckart Frahm von der Funkkolleg-Redaktion im Deutschen Institut für Fernstudienforschung (DIFF) an der Universität Tübingen, ohne die dieses Funkkolleg nicht das geworden wäre, was es ist, sowie Frau Ellen Vogel, die mit Geduld und Charme die undankbare Aufgabe erfüllte, oft widerstrebende Interessen zu koordinieren.
Wulf Schiefenhövel (Andechs), Christian Vogel (Göttingen), Gerhard Vollmer (Grabsen), Uwe Opolka (Tübingen, im Mai 1994
Nach diesem umfangreichen Vorwort betritt man eine Welt von Stufen gleich Plätzen um am Ende das zu verstehen, was man unter Ganzheit sieht.
Am 09. Januar 2011 von Albert
Kategorie: NATUR und KULTUR, Naturgartenmensch
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