Die Anfänge meiner gärtnerischen Laufbahn liegen nun schon viele Jahre zurück, doch die Natur ist für mich heute wie damals eine große Lehrmeisterin. Ich erinnere mich besonders an die Zeit, als ich Schnittblumen produzierte.
Wedenig Michael
geb. 1962. Selbstständiger Gärtner. Ausbildung in der Gartenbauschule Wien-Schönbrunn zum Gartenbaumingenieur. Schon seit der Schulzeit interessiert am Thema Naturgarten. Eigner Betrieb wird, bedingt durch Topfpflanzen, konventionell geführt, jedoch unter minimalem Einsatz von Chemie, die Gemüseproduktion erfolgt ganz „ohne“, also nur mit Naturdünger und Nützlingsersatz. Tendenz geht in Richtung Bioproduktion – Ziel ist, ein „Kompentenzentrum Naturgarten“ zu werden.
Kontakt: Wendenigs Gärtnerei, 9560 Feldkirchen – Sonnrain, Tel. 04276/4365, http://www.wedenig.at
Ich sage bewusst „produzierte“, und nicht etwas kultivierte oder gärtnerte. Damit die Produkton funktionierte, wurde der Boden vor jeder neuen Kultur mit Dampf erhitzt, man könnte auch sagen „ausgekocht“.
Denn es gab Feinde, das waren die Krankheiten und Schädlinge. Speziell den Schädlingen rückte ich mit Gift zu Leibe, es wurden immer stärkere Gifte verwendet, denn die „Viecher“ wurden immer resistenter, und die Luft im Glashaus wurde immer mehr verpestet, stank und hinterließ einen abscheulichen Geschmack auf der Zunge.
Ins Gedächtnis engebrannt hat sich aber besonders die Begebenheit, als einmal meine Schwester mit einem ihrer Kinder ins Glashaus kam und ich sie bitten musste, mit den Kleinen lieber hinaus zu gehen, weil´s drinnen so vergiftet war. Woraufhin sie vorwurfsvoll zu mir sagte: „Michi, was tust du da eigentlich!“
Heute ist Gott sei Dank vieles anders. Ich habe durch engagierte Menschen eine ganze Menge gelernt und mein Herz schlägt heute für den – Naturgarten. Der Unterschied zu damals liegt in der Denkweise. Es ist durchaus ähnlich wie in der Medizin. Hier der Schulmediziner, der vor allem Krankheiten kuriert und mit Medikamenten behandelt.
Im Mittelpunkt steht oft die Krankheit und nicht der Patient. Dort z.B. die Traditionelle Chinesische Medizin, und schon am chinesischen Kasierhof nur so lange bezahlt wurde, als seine Patienten (sind es dann überhaupt Patienten?) gesund waren.
Auf den Garten übersetzt heißt das, es gibt keine Feinde mehr, nur eine Vielzahl von Lebewesen. Diese stehen untereinander in enger Beziehung, die es zu verstehen gilt, um ein möglichst geschlossenes, aus sich selbst funktionierendes System zu unterstützen. Es erfordert Ehrfurch und Demut. Ich darf niemanden ausrotten wollen, denn damit bringe ich das Gleichgewicht (Harmonie) durcheinander. Und wenn ich dem Garten und der Natur diene, gute Bedingungen schaffe, das vielfältige Leben fördere, dann geht es meinem Garten gut und er nährt mich wie ein Freund.
Das Leben im Garten kann man fördern, nur wie? Zunächst gilt: Wir müssen den Boden ernähren, nicht die Pflanze! Vom griechischen Philosphen Aristoles ist uns folgender Spruch überliefert: „Der Boden ist der Magen der Pflanze!“ Das fordert ein Umdenken: Wir betrachten den Boden oft als etwas Totes, ein Meduim, in das wir pflanzen und säen, der Intensivgemüsebau ersetzt boden durch Nährlösung (=Salzwasser). Nur allzu oft werde ich gefragt: „Soll ich den Boden austauschen .., desinfizieren .., ein Mittelchen hineingießen .., damit es wieder wächst?“
Es ist zunächst einmal grundlegend wichitg, den Boden als eigenen Organismus zu verstehen. Mutterboden, Muttererde – diese Wörter sagen schon viel aus. Die Muttererde ist etwas durch und Lebendiges, jeder Gramm Boden enthält Milliarden an Pilzen und Bakterien (pfui, Bakterien, da gehört doch sicher was ausgerottet..!), und natürlich kleine und große Tiere. Ein wunderbarer Organismus, der eifrig für uns arbeitet, der uns dient wie der treueste Diener, wenn wir ihn verstehen und unterstützen, anstatt ständig massiv einzugreifen. Wer weiß schon, dass zum Beispiel die Erreger der schlimmsten Infektionskrankeiten wie Typhus und Diphterie in kürzester Zeit abgebaut sind, sobald sie in einen belebten Boden eingebracht werden? Das erledigen bodeneigene Antibiotika, Penicilliumpilze und andere Gegenspieler, der Boden nämlich ist ein wunderbares Heilmittel für Pflanze, Tier und Mensch. Das haben die Alten wohl gewusst. So hat, in meiner Kindheit, eine Nachbarin immer Erde aus Maulswurfshügeln in Wasser aufgelöst und unters Futter gemischt, wenn ihre Ferkel Durchfall hatten – und es hat geholfen!
Damit es dem Boden gut geht, müssen wir folgende Grundsätze beachten: Rotte und Fäulnis sind die zwei grundsätzlichen Abbauprozesse in der Natur. Rotte kennen wir von verrotten, das bezeichnet einen aeroben Prozess, es ist also Sauerstoff dabei. Das Endprodukt dieses Prozesses ist, vereinfacht gesagt, lebenspendender Humus, die Grundlage des Pflanzenwachstums. Fäulnis hingegen ist anaerob, ohne Sauerstoff, und ist ein lebensfeindlicher Prozess, stinkt, macht krank und sollte immer vermieden werden. Und was bedeutet das jetzt für den Boden?
-Schlus mit Stallmist im Boden. Stallmist ist ein anaerobes Produkt, kommt schon anaerob aus dem Darm des Tieres. Wird er in den Boden eingebracht, kann er nur von Fäulnisbakterien zerlegt werden, das heißt, ich fördere damit die falschen Lebewesen in meinem Garten. Mist ist ein guter Dünger und Bodenverbesserer, wenn er zuerst kompostiert wird, also verrottet.
– Schluss mit schlechtem Kompost! Kompost ist ja der beste Bodenverbesserer und Nährstofflieferant für den Garten, aber nur, wenn er fachgerecht bereitet wird. Das heißt, wenn das organische Material verrottet und nicht verfault. Leider ist die bei uns gängige Praxis keine gute. Da wird in Kompostgruben und in Komposttonnen unter Luftabschluss – fast möchte man sagen vorsätzlich – Fäulnis gefördert. Und täglich gibt halt so drauf, was in Küche und Garten abfällt, und wenn man mit der Nase zu nahe an diesen Faulhaufen herankommt, dann wirft es einen schlichtweg um. Man lässt die Abfälle ein Jahr vor sich hin faulen, und dann wird umgeschaufelt. Aber etwas Gefaultes bleibt immer faul, auch wenn man es noch fünf Jahre liegen lässt!
-Gute Kompostpraxis schaut ganz anders aus: Da wird das Kompostmaterial getrennt gesammelt, z.B. werden Küchenabfälle in einer Tonne mit EM-Bokashi haltbar gemacht. Strauchschnitt wird gesammelt, und wenn im Garten reichlich Meterial anfällt, wird Mist und Rasenschnitt besorgt, um das Ganze als Walm aufzusetzen und in den ersten Wochen mehrmals umzuschaufeln. Auf diese Art erwärmt sich der Komposthaufen auf über 60 Grad, und ist in 8 bis 12 Wochen fertig. Übrigens, für jene, die´s schon immer wissen wollten: die Schneckenplage hat etwas mit Fäulnis zu tun. Die Schnecke ist ein Fäulnisfresser und vertilgt das, was für uns ungesund ist. Fäulnis im Boden bedeutet veränderte Eiweiße, die von der Pflanze aufgenommen werden. Die Schnecke reagiert darauf und frisst diese Pflanze. Ist der Boden aber in Ordnung, richten die Schnecken keinen nennenswerten Schaden an!
-Schluss mit wasserlöslichen Nährstoffen! Der Boden stellt die Nährstoffe bereit, genau wie sie die Pflanze braucht, das funktioniert in fazinierenden Prozessen zwischen Wurzeln und Boden. Wasserlösliche Nährstoffe, wie sie in allen Handelsdüngern (und auch in einigen Biodüngern) enthalten sind, birgen dieses Gefüge durcheinander. Der beste Dünger für den Boden ist guter Kompost!
Reiche Ernte als Lohn für gute Arbeit: Ist der Boden in Ordnung gebracht, zeigt sich der Rest als Kinderspiel. Gesunde abgehärtete Pflanzen, aus einer guten Gärtnerei oder selbst gezogen, in die fruchtbare Gartenerde gepflanzt, auf spezifische Pflanzenbedürfnisse wie Nährstoffbedarf und gute nachbarschaft geachtet, nicht zu viel gegossen, damit die Pflanze eine starke Wurzel ausbildet und gesund und widerstandsfähing bleibt. Werden diese Grundsätze beachtet, steht einer reichen Ernte nichts mehr im Wege. Und viel Freude ist garantiert!
Diesen Beitrag entnahm ich aus dem Buch „Das Herz von Kärnten – Vom Steinbruch zur Naturgartenvision“ und wurde vom Autor auch für dieses Blog freigegeben.
Am 18. Dezember 2009 von Albert
Kategorie: Autor(inn)enbeitrag, Schule, Wirtschaft
[…] für mich, als ich Michael 2007 kennen lernte und bat einen Beitrag für mein Buch “Das Herz von Kärnten – Vom Steinbruch zur Naturgartenvision” zu […]
[…] zusammenzuarbeiten. Michael, Ing. Wedenig (Kärntner Gärtnermeister) schrieb seinen Beitrag über die Wichtigkeit des […]