Schutz – Erholung – Erziehung

Der Wald als erster Naturgarten

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Begriff Naturgarten beim Zuhörer automatisch der Kategorie Gartenbau, Hausgarten, Bürger- und Bauerngarten zugeordnet wird. Dadurch ist es schwierig, gewohnte Sichtweisen zu überwinden. Wenn ich einen Naturgarten erklären muss, spreche ich immer von Kleinraumzellen – und er braucht auch kein Steinbruch zu sein. Beispielweise an einem Bach oder See kann durchaus ein Wassergarten entstehen. Oder, entsprechend dem Thema Wald, ein Waldgarten.

Ganz Europa war früher größtenteils ein druchgehendes Waldgebiet. Die ersten Menschen, die Europa besiedelten, mussten also Rodungen durchführen. Für die damaligen Kinder waren demnach die ersten Spielplätze im Wald.
Diese Spielplätze wurden vor nicht allzu langer Zeit wieder entdeckt und unter der Bezeichnung Waldkindergarten entwickelte sich ein pädagogisch sehr wervolles Konzept. In Kärnten, bei Maria Saal, gibt es seit 2003 einen derartigen Naturspielplatz, welcher den Kindern eine gute Vorbereitung und einen sanften Übergang zum Schulleben bietet.

Nicht weit davon entfernt, in der Marktgemeinde Gurk im Gurktal, haben Kinder und Erwachsene die Möglichkeit, sich einen Einblick in die Vielfalt der heimischen Bäume und Sträucher zu verschaffen. In diesem Waldgarten wurden die Faktoren Erholung, Weiterbildung und Besinnung miteinander verbunden. Ganz nebenbei haben die Besucher einen schönen Ausblick auf den Ort Gurk und auf den Gurker Dom, welcher der heiligen Hemma geweiht wurde.

Eine andere Form von Waldgarten beschreibt Robert A. de J. Hart (1994) in seinem Buch „Die Wald-Gärtnerei“. Das System von Stockwerken auf engstem Raum – von Anbauflächen eingeteilt in Krautschicht, Strauchschicht und Baumschicht – findet immer mehr Bewunderer. Besonders bemerkenswert finde ich seine Worte mit dem Titel „Erziehung zum Leben“ (S. 115):

„Erziehung zum Leben ist der Prozess des Lernens durch Handeln. Es beruht auf der organischen Verbindung zwischen Fingern, Sinnen und Verstand. Wissen, das durch Handeln und beim Anfertigen von Dingen erworben wird, ist um vieles lebendiger und fester verankert als solches, das nur in Büchern gelesen oder in Vorlesungen gehört wurde. In der Praxis des bewussten, sozialen Lebens, das in seiner Essenz ein kooperatives Leben ist, in das der Mensch all seine Fähigkeiten einbringt, entdeckte Gandhi die Grundlage für die Entwicklung eines ganzen, integren Menschenseins, das allein die Basis für integre Familien, für integre Gemeinschaften und für eine friedliche Welt bilden kann.“

Hart schreibt weiters über „Ari“ (Dr.Ariyaratnes aus Sri Lanka), den Gründer von Sarvodaya („Wohlergeen für alle“) und Shramadana („gemeinsame menschliche Energie“). Die von Ari entwickelten Grundsätze (S. 148) können auch für das Naturgartenprojekt wegweisend sein:

Grundlage des Sarvodaya-Prozesses ist die Beachtung der wirklichen menschlichen Bedürfnisse, im Unterschied zu den künstlichen Bedürfnissen, die durch die Macht der Werbung in westlichen Gesellschaften erzeugt werden. Nach Ari sind diese wirklichen Bedürfnisse:
1. eine saubere und schöne Umgebung
2. ausreichende Versorgung mit sauberem Wasser
3. Grundversorgung mit Kleidung
4. ausgewogene Ernährung
5. ein einfaches Wohnhaus
6. grundlegende Gesundheitsvorsorge
7. einfache Kommunikationsmittel
8. Grundversorgung mit Energie
9. umfassende Ausbildung
10. kulturelle und spirituelle Bedürfnisse „

Quelle: Hart Robert A. de J.: Die Wald-Gärtnerei. PiKS-Verlag, Steyerberg 1994

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