PFLANZEN BILDEN MENSCHENKORMONE – DER MENSCH PFLANZENGIFTE
Man aht oft nicht, dass noch heute auf jeder Intensivstation Mittel zu finden sind, die Ihren Ursprung in Pflanzen haben. So wird das schmerzstillende Morphin immer noch aus Mohnsaft gewonnen, die meisten Antibiotika werden von Pilzen gebildet (immerhin pflanzenähnlichen Lebenwesen) und viele Zytostatika, die gegen Krebs eingesetzt werden, soll in Pflanzen entdeckt worden sein. In der Eibe zum Beispiel, in einem Verwandten des Immergrüns, im amerikanischen Maiapfel und vielen anderen. Wie kommt es, dass uns gerade Pflanzen so gut helfen können? Oft war ihre Wirkung schon lange eingeborenen Heilern und Kräuterfrauen bekannt, Bestandteil der „wissenschaftlichen Medizin“ wurde sie aber oft durch Zufall.
Dieser Beitrag wurde freundlicher Weise von a-tempo zur Verfügung gestellt.
Markus Sommer, geb. 1966, Medizinstudium in München, klinische Erfahrung im Bereich Innere Medizin, Geriatrie, Neurologie, Pädiatrie und der praktischen Anwendung von anthroposophischer Medizin und Homöopathie. Neben seiner Tätigkeit als niedergelassener Artz und hält Vorträge.
Vor 150 Jahren gab es vor allem in Afrika noch „weiße Flecken“ auf der Landkarte. Ehrgeizige und mutige Männer wie David Livingstone versuchten diese Wissenslücken zu schließen. Er folgte dem Fluss Smbesi und endeckte auf der Suche nach dessen Ursprung u.a. die Victoria-Fälle. Jede dieser Expeditionen benötigte einen Artzt, um die allfälligen Tropenkrankheiten, aber auch Verletzungen durch Unfälle und Waffen von Ureinwohnern, die sich durch die Eindringlinge bedroht fühlten, zu behandeln.
Bei Livigstones Expedition hieß der Arzt Dr. Kirk, und es ist leider nicht bekannt, ob er ein – ebenso abenteuerlustiger – Vorfahren des Captains gleichen Namens ist, der Jahrhunderte später das Raumschiff Enterprise befehligte. Im Expeditionsbuch wird folgende kleine Geschichte berichtet: Dr. Kirk hatte eine Erkältung mit leichtem Fieber und hohem Puls. Als ordnungsbewusster Engländer verzichtete er auch im Urwald nicht auf das morgendliche Zähneputzen. Das die Zahnbürste bitter schmeckte, irritierte ihn nicht, da er gegen die drohende Malaria regelmäßig das sehr bittere Chinin nahm und dieses gelegentlich mit der Zahnbürste in einem Glas Wasser verrührte. Erst als er bemerkte, dass sein fieberhaftes Herzklopfen nach der Morgentoilette vergangen war und er sich ruhig und ausgesprochen wohl fühlte begann er über die Ursache nachzudenken.
Und jetzt zeigte sich bei ihm jene Unvereingenommenheit und Gründlichkeit, die jeden guten Forscher auszeichnet. Er bemerkte, das er (unvorsichtigerweise!) im selben Beutel wie seine Zahnbürste auch eine Probe eines hochwirksamen Pfeilgiftes aufbewahrte, mit dem die Ureinwohner Tiere, aber auch unliebsame Menschen jagten. Das Gift führt dazu, das sich das Herz zusammenzieht und in diesem Zustand, schwerster Verkrampfung stehen bleibt.
In geringer Dosis (wie an den zufällig an der Zahnbürste haftenden Giftresten) aber steigert das Mittel die Kraft des Herzens und senkt zu schnellen Puls. Kirk und sein Expeditionsleiter Livingstone vermuteten, dass das Gift als Arznie nützlich sein könnte – und dies bestätigte sich dann grandios. Sie ermittelten, dass der Hauptbestandteil des Giftes aus zerstoßenen Samen einer Liane mit der botanischen Bezeichnung Strophanthus bestand. Später isolierte man aus ihnen das eigentliche Gift Strophantin, das viele Ähnlichkeiten mit Wirkstoffen unseres heimischen Fingerhutes aufwies.
Viele Jahrzehnte lang waren diese sogenannten „Herzglykoside“ so zentrale Mittel der Herzbehandlung, dass einer der berühmtesten damaligen Professoren sagte, dass er ohne sie nicht Artz sein wollte. Erst vor ein paar Jahren kamen sie aus der Mode, unter anderem weil man sich zwar besser fühlte, wenn sie Digitalisglykoside erhielten, im Durchschnitt aber schneller starben.
In der anthroposophischen Medizin spielte Strophanthus allerdings weiterhin in potenzierter Form einer Role. Der Begründer dieser Medizinrichtung, Rudolf Steiner, hatte vor über 80 Jahren darauf hingewiesen, dass ein Mittel aus dem Samen dieser Liane geeignet sei „negative Zivilisationswirkungen“ auszugleichen. Tatsächlich hat sich das Mittel in potenzierter Form sehr zur Behandlung von Stresszuständen, von Prüfungsangst, Lampenfieber u.Ä. bewährt, wobei ich mich immer fragte, was das mit der bekannten Heilwirkung zu tun habe.
In den letzen jahren hat man nun erkannt, das Strophantin keineswegs nur als Pflanzengift existiert, sondern in uns selbst gebildet wird. Vor allem ist das in der Nebenniere der Fall, in der auch das bekannte Stresshormon Adrealin entsteht, aber auch Cortison, das ebenfalls u.a. der Stressanpassung dient. Aber auch im Gehirn und wohl sogar im Herzen selbst wird Strophatin produziert, das inzwischen als Hormon aufgefasst wird – als im Blut verhandene Substanz also, über die verschiedene Organe miteinander „kommunizieren“ und sich wechselseitig beeinflussen. Inzwischen weiß man, dass Strophatin in uns u.a. bei abrupten Leistungsanforderungen (etwas im Sport) vermehrt gebildet wird und dann im blut in so hohen Konzentrationen vorkommt, wie sie auch bei der medikamentösen Therapie angestrebt werden.
Wird dagegen ständig zu viel Strophantin gebildet, so hat dies ähnlich nachteilige Folgen wie Dauerstress, so verdickt sich z.B. der Herzmuskel und man vermutet, dass eine anhaltend zu starke Strophantinbildung in potenzierter Form regulierend wirken. Inzwischen hat man auch gelernt, dass größerer, substanzielle Herzglykosidmengen dann schädlich sind, wenn schon – infolge dauernder Stresswirkung oder durch Krankheit – im Organismus überhoche Mengen gebildet werden. Wenn dagegen die im Menschen gebildete Strophantinmenge zu gering ist, kann enie Zufuhr des Pflanzengiftes von außen nützlich sein.
Und hier kann man dann noch einmal an Rudolf Steiner denken. Er hat einmal etwa Folgendes gesagt (und man muss zugeben, dass dies damals schon sehr poetisch und vielleicht auch seltsam geklungen haben muss): Wenn im „inneren Garten“ eines Menschen eine Pflanze fehlt, dann muss ihm diese als Medikament zuführen.
Heute wissen wir aus modernster Forschung, dass in uns eine Substanz gebildet wird, die wir jahrzehntelang ausschließlich als Pflanzengift kannten. Man hat erkannt, dass aber auch die Fingerhutgifte in uns entstehen, man weiß, dass u.a. in uns morphinartig wirkende Substanzen wie im Mohn gebildet werden, um Schmerzen besser ertragen zu können. Umgekehrt gibt es in uns „Wahrnehmungsorgane“, sogenannte „Rezeptoren“, die spezifisch mit diesen Substanzen reagieren.
Für die anthropophische Auffassung besteht eine tiefe Verwandtschaft zwischen Natur und Mensch, und der zur Goethezeit lebende Naturforscher Lorenz Oken hat den Menschen eine „Zusammenfassung der Natur“ und die Natur als „auseinandergelegten Menschen“ bezeichnet.
Aktuelle naturwissenschaftliche Erkenntnisse stützen diese Auffassung und lehren uns Respekt vor Erkenntnissen, die sich auf eine umfassendere Wahrnehmung der Wirklichkeit gründen und dem Voreingenommenen zunächst abwegig und seltsam erscheinen.
Am 01. März 2010 von Albert
Kategorie: Harmonie, Stil - Lebensstil
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