Schutz – Erholung – Erziehung

Naturgarten: Erhaltung der Artenvielfalt, von Gerhild Wulz

Über die Vielfalt bzw. Biodiversität zu schreiben ist wahrlich der Inbegriff an „Vielfältigkeit“. Die Aufgaben und Möglichkeiten eines Naturgartens bieten ein buntes Spekturm – entsprechend vielfältig und vielschichtig ist das Leben darin.

 DI Gerhild Wulz

Geboren 1972 in Villach. Studium der Landschaftsplanung und Landschaftspflege an der Universität für Bodenkultur in Wien. Geschäftsführerin des Naturschutzvereines Arge Südöstliche Kalkalpen, Ausbildung zur Natur- und Landschaftsführerin in der Steiermark, pädagogische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Ober St. Veit in Wien. Seit 2000 beim Naturschutzverein Arge NATURSCHUTZ, Klagenfurt tätig, zuständig u.a. für die Öffentlichkeitsarbeit, Natur-Erlebnis Bildung, Betreuung und Kursprogramm ZFL Natur- und Landschaftsführer in Kärnten, Erarbeitung von „Naturschutzplänen“ für landwirtschaftliche Betriebe.

Kontakt: g.wulz@arge-naturschutz.at

Der Begriff  Biodiversität, einige Fakten und Zahlen

„Biodiversität“ oder „biologische Vielfalt“ umfasst das Leben und seine Zusammenhänge in seiner gesamten Bandbreite. Dazu gehört die Vielfalt zwischen den Arten (Artenvielfalt), die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Vielfalt) und die Vielfalt der Lebensräume (Ökosystemvielfalt).

Bisher wurden weltweit 1,7 Millionen unterschiedliche Arten beschrieben, Schätzungen über die Gesamtzahl der Arten liegen bei 13 bis 14 Millionen Arten. Interessant ist auch, dass das Wissen über beispielswiese die Nutzbarkeit bestimmter Arten sehr gering ist. Die Erhaltung der Artenvielfalt ist somit nicht nur ein Anliegen des Naturschutzes, sondern ebenso ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Anliegen. Dieses gilt im Speziellen für die ärmeren Länder, wo biologische Ressourcen Verwendung als mögliche Nahrungsmittel, Medizin oder Baumaterial finden und sehr oft eine bedeutende Quelle des Überlebens darstellen.
Zu bedenken ist auch, dass in den letzten hundert Jahren der Mensch so stark in die Natur eingegriffen hat, dass das Aussterben von Arten und Lebensformen sehr beschleunigt wurde. Es gibt Berichte, wonach pro Tag mehr als 100 Arten aussterben und 20 Prozent der weltweit bekannten Fauna und Flora bis 2020 ausgestorben sein sollen.

„Vielfältiges Leben im Naturgarten“ oder „Die Vielfalt bereichert das Leben“

Es gibt kaum Untersuchungen zur „Biodiversität“ von Naturgarten, doch der gesunde Menschenverstand sagt uns schon, dass Naturgärten in der Regel eine große Artenvielfalt aufweisen. Stefan Ineichen, Biologe, Siedlungsökologe und Schriftsteller schrieb 2007 über Naturgärten: „Eine im letzten Sommer erhobene Bestandsaufnahme von Glühwürmchen in Arlesheim und Umgebung hat ergeben, dass mindestens zwei Drittel der ermittel ermittelten Lebensräume des Großen Glühwürmchen in naturnah gepflegten Gärten und Anlagen liegen. Nach einer der wenigen wissenschaftlichen Arbeiten zur Biodiversität von Naturgärten – übrigens ein Begriff, der recht unterschiedlich aufgefasst wird – konnten in einem 2600 Quadratmeter großen Garten im niedersächsischen Osnabrück innerhalb von fünf Jahren 18 verschiedene Säugetiere, 69 Vogelarten (davon 27 Brutvögel), 16 Tagfalter – und 12 Hummelarten nachgewiesen werden, darunter einige seltene und gefährdete Arten der Roten Liste“. Er schreibt weiter, dass diese Vielfalt hauptsächlich von drei Faktoren abhängig ist: dem Strukturreichtum des Gartens, dem Vorhandensein von Ruhezonen und der Vernetzung mit weiteren, teilweise ebenfalls naturnah bewirtschafteten Freiflächen.

Je vielfältiger die Nutzungen, Bepflanzungen und Strukturen eines Naturgartens sind, desto zahlreicher sind die Arten, die hier Rastplatz, Nahrungs-, Rückzugs-, Nist- oder Schlafraum finden.

Verschiedene Nutzungsstrukturen wie Gemüse-, Blumen- und Kräuterbeete, verschiedene Beeren- und Ziersträucher, Obstbäume, Wiesen- und Rasenbereiche, Hecken, Krautsäume und Feucht- und Wasserstellen, Trockensteinmauern, Bereiche mit morschen Holz, Totholz und aufgeschichtetem Schnittgut, Komposthaufen und Wegstrukturen werden von typischen Artengruppen besiedelt und als Lebensraum angenommen.
Am Beispiel des Grünen Heupferdes, einer in Kärnten weit verbreiteten Heuschreckenart, können wir erkennen, wie wichtig die Vielgestaltung eines Gartens und die unterschiedlichen Strukturen sind. Die Eier legt das Grüne Heupferd in den offenen Boden, dort entwickeln sich die Jungtiere, die wiederum in eine gut ausgestaltete Krautschicht wandern. Nach der abgeschlossenen Entwicklung leben die erwachsenen Tiere im Laub von Gehölzen.

Für viele Arten ist auch die Vernetzung mit anderen bzw. weitläufigeren naturnahen Bereichen wesentlich für ein Überleben. Der einzelne Garten ist zwar wichtig, oft sind jedoch kleinere Areale für das Überleben von Populationen nicht ausreichend, wie es zum Beispiel bei Schmetterlingen der Fall ist. Ebenso benötigen Vögel oder Amphibien weitläufigere Lebensräume, als beispielweise bestimmte Arten von Großlaufkäfern, die auch mit wenigen Quadratmeter auskommen können. Naturgärten weisen aufgrund unterschiedlicher Standortverhältnisse und Nutzungen grundsätzlich eine große Artenvielfalt auf. Über eine lange Zeit versuchte man die „Wildnis“ aus unseren Gärten zu verbannen, im Naturgarten ist sie jedoch ein wesentliches Gestaltungselement. Vorbild für Naturgärten sind die natürlich vorkommenden Lebensgemeinschaften der Feuchtgebiete, Waldränder, Hecken, Magerrasen und Weiden. Naturgärten beherrschen u.a. Arten, die vor nicht allzu langer Zeit noch „Allerweltsarten“ waren und heute durch ihre speziellen Ansprüche zurückgegangen oder gar verschwunden sind. Für diese und teilweise auch für gefährdete Arten bietet der Naturgarten einen Überlebensraum in unserer Kulturlandschaft. Wenn ich von „Allerweltsarten“ schreibe, meine ich damit je nach Standort zum Beispiel Margeriten, Wiesen-Salbei, Glockenblumen, Wiesen-Witwenblume, Wiesen-Storchschnabel oder Kuckuckslichtnelke. Diese gehörten früher zu den häufig vorkommenden Pflanzen in unseren „Hausgartenwiesen“. Dementsprechend fanden sich auch zahlreiche Schmetterlinge wie Zitronenfalter, Schwalbenschwanz, Aurorafalter, Kleiner Fuchs oder die verschiedensten Wildbienen und Hummeln ein. Leider sind heute kleinere natürliche Wildbienen und Hummeln ein. Leider sind heute kleinere Wiesenbereiche schon eine Rarität in unseren „Zivilisationsgärnten“. Eine Unzahl an Vögel wie Rotkehlchen, Hausrotschwanz, Meisen, Amsel, Gimpel, Zaunkönig, Buntspecht oder Grauschnäpper sind vor allem auf das Vorkommen von Naturgärten angewiesen. Hier finden sie Nahrung, Nistplatz und Rückzugsraum. Ebenso die verschiedensten Laufkäfer oder Gartenkreuzspinnen, die hier auf Jagd gehen. Vergessen darf man natürlich auch nicht die Säugetiere wie Fledermäuse, Igel, Steinmarder oder Siebenschläfer, die stete Bewohner eines Naturgartens sein können, vorausgesetzt, genügend Gehölze, Bäume und Höhlenstrukturen sind vorhanden. Befinden sich dann auch noch Felsstrukturen und Wasserstellen im Garten, dann finden hier auch Amphibien wie Erdkröten oder Laubfrösche und Reptilien wie Ringelnattern oder Mauereindechsen optimale Bedingungen zum Leben.
Heimische Pflanzen dienen vielen Tieren als Nahrungsquellen, wie zum Beispiel der Rote Hartriegel, der für 20 Vogelarten Nahrung bietet, während der gelbrindige aus Nordamerika stammende Hartriegel nur von vier Arten genutzt werden kann.

Stefan Ineichen endet in seinem Beitrag „Bedeutung von Naturgärten für die Biodiversität“ folgend: „Der Wert der Naturgärten für die Erhaltung der Biodiversität liegt nicht zuletzt in den Gärtnerinnen und Gärtnern. In Naturgärten sind Menschen am Werk, die genau hinsehen, Freude am Entdeckungen haben, Veränderungen wahrnehmen, Neugier entwickeln und sich daran freuen, dass sie die paar Quadratmeter, für die sie verantwortlich sind, mit anderen Lebewesen teilen. Solche Menschen tun der Welt gut, nicht nur auf den paar Quadratmetern.“

In diesem Sinne hoffe ich, dass die „Naturgartenbewegung“ in Kärnten Früchte trägt, und der „Naturgartengedanke“ auf weitere Naturinteressierte überspringt.

Diesen  Beitrag entnahm ich aus dem Buch „Das Herz von Kärnten – Vom Steinbruch zur Naturgartenvision“ und wurde von der Autorin auch für dieses Blog freigegeben.

2 Kommentare zu “Naturgarten: Erhaltung der Artenvielfalt, von Gerhild Wulz”

  1. […] meiner Seite darf ich sagen, die Arge NATURSCHUTZ war einer der ersten Organisationen die meine Naturgartenarbeit überprüft und anerkannt haben. Nach so vielen Jahre beginnt jetzt eine Naturgartenbewegung in Kärnten […]

  2. […] NaturSchutzgarten ist für mich ein Naturgarten mit einer großen Biodiversität (… biologische Vielfalt gilt als wichtige Grundlage für das menschliche […]

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