Manchmal denke ich, daß „Natur“ und „Garten“ widersprüchliche oder sich gegenseitig ausschließende Begriffe sind. Garten ist von Menschenhand gemacht, also ein Kulturgut, und Natur – wenn man es genau nimmt – könnte „Wildnis“ bedeuten, das Gegenteil von Kultur. Nur gibt es so gut wie keine Wildnis, keine „unberührte Natur“ mehr – Menschlicher Einfluß ist überall erkennbar. Kurzum, diese Bedeutungen bringen mich nicht weiter.
Dr. Maureen Devine
Kräuterpädagogin, pensionierte Universitätslehrerin für Amerikanistik (Literatur und Kulturkunde), lebt seit den 1970er Jahren in Kärnten, seit 2002 in Schiefling am Wörthersee.
Kräuterführungen vom Mai bis Ende September, Dienstags nach Voranmeldung. Diverse Kräuterprodukte, sind am Hof erhältlich www.naturhof-hojoutz.at
„Garten“ ist leichter zu erkennen – er wird meistens angelegt und irgendwie gepflegt. Meistens Bäume, Sträucher, Blumen, Gemüse, Kräuter kommen in einem Garten zur Geltung. So gesehen wäre meine eigentliche Aufgabe hier zu überlegen ab welcher Phase dieser Entwicklung „Wildnis-Natur“ in „Naturgarten“ transformiert/umgewandelt wird.
Ein schwieriges Unterfangen, das sehr viele WissenschaftlerInnen über die Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte diskutiert haben. Die Begriffe und Verständnisse von Natur und Garten haben auch mit dem Zeitgeist zu tun und sind danach unterschiedlich zu behandeln.
Vor 11 Jahren habe ich mit meinem Partner einen aufgelassenen Bauernhof mit 7 ha Wald und 5 ha Wiese erworben. Großstadtmenschen mit Landlust, einem Hauch Naivität und dem Wunsch ein Projekt für unsere spätere Pensionszeit anzugehen.
Meine Gartenfreude hat mich dazu gebracht viele Bücher über Bauerngärten und Klostergärten zu lesen, und ich war fasziniert erstens über die klar strukturierten Klostergärten und zweitens über die bunte Vielfalt der Bauerngärten.
Ich habe sehr lange gebraucht den Begriff „Garten“ auf den ganzen Hof auszudehnen. „Ein Paradies“, sagen viele Gäste und Freunde. Und was ist das Paradies? Am Anfang der Garten Eden, oder? Hier kommt die Symbolik der Klostergärten, die den Garten Gottes, den biblischen Garten Eden, darstellen sollten, ins Spiel: ein Mittelpunkt, manchmal ein Lebensbaum oder oft eine Rose oder ein Rosenbeet – ein Kreis von wo aus 4 geometrisch angelegte Linien wegführen – Wege die die 4 Flüsse, die aus dem Garten Eden strömen: Hiddekel (Tigris), Peras (Euphrat), Gihon (Nil) und Pischon (Indus/Ganges), aber auch die 4 Himmelsrichtungen darstellen.
Die Gartenbeete sind dementsprechend geometrisch angelegt. Symbole der Ordnung. Und draußen, außerhalb der Klostermauern steht symbolisch das Chaos. Der Klostergarten ist so ein „sacred space“. Diese Gedanken des frühen Mittelalters fand ich schön und mein erster Gartenplan für unseren Bauernhof sollte diesen Gedanken tragen.
Buchsumrandete Beete, ein Rondell in der Mitte mit Rosen und Lavendel. War es Zufall – jedenfalls mir nicht bewußt – daß die 4 Wege in meinem Garten genau auf den Nord-Süd, Ost-West Linien liegen.
„My sacred space“ Anfangs dachte ich in diesen Kategorien: „mein“, „dein“, „unser“, obwohl ich auch das Gefühl hatte, daß unser Hof uns ausgewählt hat anstatt, daß wir ihn gefunden haben.
Und immer mehr über dieses Jahrzehnt ist es mir klarer geworden, daß unser Naturgarten eigentlich gar nicht „unser“ ist, „my sarcred space“ – so lieblich er ist – nur so einen winzigen Platz in dem Ganzen annimmt.
Bauerngärten mit Gemüse, Kräutern und Blumen bunt gemischt gehört auch hin, besonders viele Kräutern. Erst einige Jahre als ich Kräuterpädagogin wurde – sind mir die Gartenkräuter, und nicht zuletzt die Wiesen – und Wildkräuter immer wichtiger geworden.
Es war eigentlich der Lehrgang für Kräuterpädagogik, der mir zeigte, das „mein“ kleiner umgezäunter Garten im Kloster – und Bauerngartenformat nur ein Teil des Begriffs „Garten“ ist. Viel interessanter ist es für mich nun die vielen Wildkräuter- und Wildgemüsepflanzen in der Wiese jedes Jahr neu zu entdecken – und was für eine Freude es ist für mich eine Moschus Malve in der Wiese zu erblicken nachdem meine, im eingezäunten Teil des Gartens gepflanzte, Käsepappl nicht mehr da war…
Im ersten Jahr nach dem Hofkauf und dem Anfang der Renovierungsarbeiten haben wir einen Teich ausbaggern lassen – ca. 1000m² auf gut lehmigen Boden. Die Frösche und Kröten haben den Teich sofort besiedelt. Ein Jahr später sind einige Fischarten wir Karpfen eingesetzt worden. Dann sahen wir, daß obwohl die Frösche und Kröten den Teich bestens angenommen haben, die Fische den Laich gefressen haben. Also kam ein kleiner Teich für die Frösche und Kröten dazu.
Der 7ha große Wald, vieles in Steilhanglage, verbarg viele Herausforderungen – Anfänglich dachten wir, mit den Holz im Wald könnten wir unsere Hackschnitzelanlage befeuern. Wäre logisch, aber der Holz ist im Wald und die Hackschnitzelanlage im alten Stadlkeller – und schließlich kauften wir die Hackschnitzel von den heimischen Bauern, die dafür bestens ausgerüstet sind. Ich Idee energieautark zu leben haben wir nicht aufgegeben, nur die Realisierung ist etwas hinausgezögert!
Tiere am Hof, ja und nein. Meine Ideen gingen eigentlich in Richtung Landhaus mit verschieden angelegten Gartenbereichen. Mein Partner dagegen ist ein Tierliebhaber. Anfangs Hennen für die Eier natürlich, später ein paar Schafe um die Wiese zu „mähen“, auch okay. Nur die Hasen finde ich total unnützlich – werden nur gemästet und geschlachtet und ich tue aus Protest weder Hasen kochen noch essen.
Neuerdings sind 2 liebe Zwergeselstutfohlen dazugekommen. Nur zum liebhaben uns spielen, vielleicht etwas später werden sie für einige nützliche Aufgaben wie Eselwandern oder Reiten für Kinder trainiert. Werden wir sehen, aber das Gefühl ein Gleichgewicht in der Tierwelt am Hof geschaffen zu haben ist recht schön!
In einem Naturgarten spürt man das Gleichgewicht, eine Balance der Elemente. Es kann sein, daß viele Menschen heutzutage nicht mehr spüren können, oder sich nicht mehr trauen ihre Umwelt zu spüren und sie vielleicht deswegen besondere Naturplätze nicht schätzen können. (David ABRAMS in seinem Buch „The Spell of the Sensuous“ schreibt, daß wir durch die alltägliche visuelle und akustische Überreizung der Sinne subtile Änderungen in der Natur gar nicht mehr wahrnehmen können.) Und viele Menschen müssen Ihre Fähigkeiten zum Staunen wieder aktivieren. Ein Naturgarten könnte vielleicht Hilfe leisten.
Die Idee – oder vielmehr die Philosophie – der Permakultur fließt in meine Gedanken ein. „permanet agriculture“ nimmt auch Bezug auf die Landschaft und nicht nur z.B. auf die Qualität des Bodens. Und mit dieser Philosophie kommen wir sehr nah an das Gleichgewicht der vielen Naturelemente, die sich zusammen vielleicht dem Begriff „Naturgarten“ annähern. Permakultur ist mehr als ein Mischbeet von „guten Nachbarn“ der Pflanzenwelt. Jedes Eck und jeder kleine Platz unseres Hofes hat sein „Mikroklima“.
Das verlangt beobachten, beobachten, beobachten – was wächst wo in welcher Nachbarschaft. Beobachten braucht Zeit. Ein Naturgarten verlangt Zeit für sich und seine Mitbewohner – eigentlich er verlangt eine Verlangsamung der (Uhr-) Zeit. Beobachtung der Natur braucht einen längeren Zeitraum als ein paar Minuten, Stunden, Sommerwochen oder Saisonen – der Zeitbegriff der Natur ist weiter angelegt und so eine Herausforderung für Menschen die in kürzeren Zeitdimensionen leben. Ein Naturgarten sendet als vielleicht solche Botschaften aus – langsam, verlangsamen.
Daß Albert Spitzers Projekt „Steinbruch“ nicht so realisierbar war wie seine Ursprungspläne hat sicherlich mehr mit dem Bewußtseinsstand der Menschen zu tun. Wir sind nicht alle auf den gleichen Niveau der Naturempfindung.
Manchmal ist es gut so, daß manche wunderschöne Naturplätze „geheim“ bleiben bis die Menschen dafür reif sind, solche Plätze, solche Naturgärten zu schätzen.
Unser Projekt, unser „work in progress“ wird – wie die Natur selbst – nie „fertig“. Es ist schön so…
Am 27. Juli 2011 von Albert
Kategorie: Autor(inn)enbeitrag, Forschung - Vielfalt - Biodiversität, Harmonie
[…] der Wanderung ist Penken (Schiefling am See), da befindet sich in der Nähe vom Naturhof Hojoutz der erste Wasserfall. Es geht dann Richtung Schiefling (Straße) bis zum Anwesen Wuksch und von […]
[…] gibt es viele Begriffsvorstellungen mit dem Zusatz: NATUR, z.B. Naturhof, Naturgasthaus, Naturschule usw. … Natur der Begriff wird erklärt z.B. in Wikipedia, […]